Meine ersten Tage in Westafrika: Akwaaba Ghana!

6/30/20238 min lesen

Vor einer halben Woche, am 18.06.2023, bin ich in den Flieger Richtung Accra gestiegen. Ich habe keine Ahnung gehabt, was mich erwarten würde – ich war noch nie in Westafrika. Doch für die nächsten zwei Monate werde ich hier ein Praktikum absolvieren und freue mich, dich daran teilhaben zu lassen. Ich habe mir in meinen allerersten Tagen ein bisschen Zeit genommen, meine ersten Eindrücke und Erlebnisse in Reisetagebuch-Charakter niederzuschreiben. Viel Spaß bei meinem ersten Blogbeitrag aus Accra:).

Montag, 19. Juni 2023

Wow. Vor weniger als einer halben Woche saß ich noch in der Uni und habe meine letzte Klausur für dieses Semester geschrieben. Und jetzt, nur ein paar Tage später, sitze ich 5000 Kilometer entfernt im Schneidersitz mit meinen Tablet vor mir auf dem Bett – in Accra. Es ist wirklich nicht das erste Mal, dass ich geflogen bin, aber realisieren kann ich immer noch nicht, wie schnell wir von einem Ort an einen anderen reisen können. Aber so ist es nun einmal. Gestern Morgen bin ich noch (viel zu früh) in Deutschland aufgestanden und heute sitze ich im tropischen Klima an der westafrikanischen Küste. Ab jetzt muss ich daran denken, täglich beim Abendessen meine Malaria-Prophylaxe zu schlucken – auf eine Malaria-Infektion kann ich wirklich verzichten. Ein bisschen steckt mir der Tag von gestern noch in den Beinen – durch meinen Zwischenstopp in Amsterdam hat sich der Reisetag doch ganz schön gezogen. Aber nachdem ich heute ganz gut ausschlafen konnte, bin ich bereit für all die Erlebnisse und Erfahrungen, die mich in den nächsten zwei Monaten hier in Ghana erwarten werden.

Blick von der Terrasse meiner Gastfamilie

Auf morgen bin ich besonders gespannt: Es wird nämlich der erste Tag meines Praktikums sein, das ich hier machen werde. Aber darüber berichte ich dann morgen.

Als ich gestern Abend ankam, war es schon dunkel und ich konnte noch nicht viel von der Stadt erkennen. Heute habe ich Ghana das erste Mal bei Tageslicht gesehen. Ich finde es immer unglaublich interessant, neue Städte zu besuchen. Und in diesem Fall ist es sogar eine Hauptstadt in einem Teil der Welt, in dem ich noch nie war. Vor ein paar Jahren habe ich mit meiner Familie Namibia bereist, aber der afrikanische Kontinent ist bekanntlich riesig und dementsprechend auch unglaublich vielfältig. Ich bin ohne eine fixe Erwartung nach Accra gekommen – Ich wollte einfach offen sein für alles, was mich hier erwarten würde. Aber nun endlich zu meinem ersten Eindruck heute: Ich überlege, was mir aufgefallen ist und was mich überrascht hat.

Es gibt super viele kleine Stände an den Straßen, an denen Obst und Gemüse verkauft wird. In zwei Supermärkte haben wir auch hereingeschaut – der eine war relativ groß und klimatisiert, der andere kleiner, aber dafür mit umso höherer Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Ich war überrascht, wie hoch die Preise hier sind. Sie sind günstiger als in Deutschland, aber doch höher, als ich gedacht hätte. Auf das Umrechen von ghanaischen Cedis in Euros muss ich mich die nächsten Wochen auch gewöhnen. Anscheinend muss ich jeden Morgen im Internet den Wechselkurs nachschauen, da dieser relativ stark schwanken kann. Aber ein bisschen Übung im Kopfrechnen kann ja auch nicht schaden – zumindest bei mir nicht:).

Ich merke, wie ich mich noch an das tropische Klima gewöhnen muss. Die hohe Luftfeuchtigkeit ist gewöhnungsbedürftig, obwohl ich das aus meinem Auslandsjahr eigentlich schon kenne. Gleich gibt es ein typisch ghanaisches Gericht zum Abendessen, auf das ich sehr gespannt bin.

Mittwoch, 21. Juni 2023

Der zweite Tag im Praktikum ist geschafft! Vielleicht sollte ich zunächst kurz erzählen, wo ich denn überhaupt mein Praktikum in Accra mache. Ich werde die nächsten zwei Monate Praktikantin bei der Soronko Academy sein. Die Academy hat ihren Fokus darauf gelegt, der jüngeren weiblichen Bevölkerung Coding- und generell IT-Skills zu vermitteln und eine direkte Verknüpfung zum Arbeitsmarkt herzustellen. Vor meiner Ankunft habe ich keinerlei Vorstellung davon gehabt, was genau meine Aufgaben sein würden. Jetzt bin ich zumindest ein kleines bisschen schlauer: Gestern durfte ich bei einem Meeting dabei sein, bei dem es um die Entwicklung eines Projekts mit zwei anderen Organisationen ging. Eine davon war eine deutsche Stiftung für unternehmerische Entwicklungszusammenarbeit. Normalerweise kriegt man von Projekten ja nur etwas mit, wenn sie schon umgesetzt werden. Aber die Anfänge und die Planung mitzuerleben ist umso interessanter. Die deutsche Organisation ist zwar eine unabhängige Stiftung, bekommt den Großteil der finanziellen Mittel allerdings vom BMZ, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, zur Verfügung gestellt. Nun ist es so, dass das Ministerum ganz aktuell im März 2023 eine neue Strategie vorgestellt hat: Die Strategie feministischer Außenpolitik. In dieser steht unter anderem: „Wir verankern die feministische Entwicklungspolitik in unseren Verfahren und Instrumenten. Bis 2025 sollen 93 Prozent unserer neuzugesagten Projektmittel in Vorhaben fließen, die die Gleichstellung voranbringen.“ Um also die Förderung des Ministeriums zu bekommen, muss nun der Fokus auf Projekten liegen, die die Gleichstellung von Männer und Frauen fördern. Aus diesem Grund wurde die Soronko Academy für die Planung und Umsetzung des Projekts mit ins Boot geholt.

Irgendwie ist das verrückt: Jetzt bin ich hier in Accra, in Westafrika, in einer lokalen Organisation. Und an meinem ersten Praktikumstag spüre ich hautnah Auswirkungen der deutschen Politik, da ein Bundesministerium irgendeine neue Richtlinie vorgestellt hat. Das ist natürlich nicht immer so, es war mehr Zufall. Aber ein bisschen Schmunzeln musste ich schon.

Heute habe ich meine erste richtige Aufgabe bekommen: Eine Recherche. Ich habe mich durch die Tiefen des Internets gewühlt und nach sämtlichen „Gender Policies“ gesucht, die es in Ghana so gibt. Das heißt, ich habe versucht Policies zu finden, in denen es explizit um Frauen geht, besonders mit Fokus auf ICT (Information, Communication and Technology). Ich habe einen Blick in die ghanaische Verfassung geworfen, habe sämtliche staatliche Projekte unter die Lupe genommen und festgestellt, dass wenn die Realität so wäre, wie es auf dem Papier steht, es eigentlich gar keine großen Probleme geben würde. Aber gut, schöne Pläne sind immer toll, nur kommt es dann vor allem auf die Umsetzung an.

Es war eine sehr interessante Aufgabe. Normalerweise kennt man (wenn überhaupt) Teile der Gesetze aus dem eigenen Land, aber in die ghanaische Gesetzeslage hineinzuschauen war etwas ganz Neues für mich. Die ersten 2 Tage waren defintiv eine unglaublich passende Ergänzung zu meinem Studium: Politik und Recht.

Nun bin ich umso gespannter auf all die Aufgaben, die mich in den nächsten 8 Wochen noch erwarten werden.

Freitag, 23. Juni 2023

Das wird der letzte Teil meines ersten Blogbeitrags aus Ghana sein – irgendwann sind die ersten Tage ja schließlich vorbei. Das merke ich auch selbst: Nach und nach pendelt sich mein Alltag und damit auch eine Routine ein. Auch, wenn vieles anders ist als in Deutschland, fühlt es sich irgendwie normal an. Ja, dann nehme ich eben meine Malaria- Prophylaxe beim Abendessen. Dann trinke ich kein Wasser aus dem Wasserhahn. Dann werde ich halt im Auto etwas durchgeschüttelt. Dann fällt der Strom nunmal für ein paar Minuten aus. Okay, dann dusche ich eben deutlich kälter als zuhause – Manche Dinge sind hier einfach anders. Wenn man tatsächlich hier ist, dann wirken all diese Dinge total normal und selbstverständlich. Das Klima vertrage ich auch immer besser und die hohe Luftfeuchtigkeit macht mir nicht mehr so zu schaffen, wie noch vor ein paar Tagen. Ich verlasse das Haus ohne innerlich durchzudrehen, wenn ich an mögliche Mückenstiche denke. Natürlich sprühe ich mich mit Mückenschutz ein und ziehe abends lange Kleidung an – Mehr kann ich dann aber auch einfach nicht tun.

Auch, wenn sich so langsam alles einpendelt – eine Sache ändert sich wohl nie: Jedes Mal, wenn ich im Auto sitze, bin ich wie ans Fenster gefesselt. Accra ist so unglaublich vielfältig, es wird einfach nicht langweilig:

Von Highways bis zu den übelsten Schotter-/Schlammpisten mit den größten Schlaglöchern, von Urban Slums bis zu riesigen Villen und Gated Communities, von kleinen Geschäften und Ständen an der Straße bis zu großen Supermärkten, die fast genauso aussehen wie die in den USA – Die Umgebung verändert sich ständig.

Ich liebe es, dass es hier so farbenfroh ist. Die Häuser, die Dächer, die Klamotten – es ist einfach schön aus dem Fenster zu schauen. Klar, in vielen Hinsichten ist es eine andere Welt: Man sieht viel mehr Armut als bei uns – Definitiv sind das andere Lebensverhältnisse und Lebensstandards – Aber eben auch nicht in allen Hinsichten und vor allem nicht überall. Ich habe da schon immer drauf geachtet, aber nun ist mir einmal mehr bewusst geworden: Afrika ist nicht zu pauschalisieren. Allein Accra hat so viele Facetten, wie soll dann ein ganzer Kontinent verallgemeinert werden können? Aber das ist ein Thema, was ich besser nochmal in einem anderen Blogbeitrag aufgreife.

Das waren meine ersten Eindrücke aus Ghana – Ich freue mich schon auf alle weiteren Erlebnisse, die ich natürlich hier auf diesem Blog mit dir teilen werde.

Ein traditionelles ghanaisches Gericht, das normalerweise noch mit Sardinen gegessen wird: Yam mit einer Soße aus pürierten Tomaten, Zwiebeln, „Red Oil“ und afrikanischer Aubergine

Auf dem Weg zum Meeting habe ich die deutsche Schule in Accra entdeckt

Straße in Accra

Auch wenn mal etwas mehr Verkehr ist und man länger im Auto sitzt – langweilig wird es nicht:)

Wir waren heute überwiegend mit dem Auto unterwegs, deshalb vielleicht ein paar Worte zum Verkehr und den Straßen. Zum Verkehr sage ich nur: Ich wollte hier nicht am Steuer sitzen. Ich bekomme schon in deutschen Städten die Krise, wenn ich selbst Auto fahren muss, aber hier? Ich glaube die Regel lautet: Es gibt keine Regel. Beziehungsweise die Regel ist, einfach loszufahren, und das Auto, bei dem es dann wirklich zu knapp wird, lässt dich dann abbiegen. Es scheint zu funktionieren. Slalom fahren können muss man auch. Es hilft natürlich, die Straßen gut zu kennen, um zu wissen, um welche Schlaglöcher man besser herumfahren sollte. Die Straßen unterscheiden sich sehr: Manche Straßen sind perfekt geteert, bei anderen traue ich mich fast nicht, sie überhaupt als Straßen zu bezeichnen. Aber ich muss natürlich dazu sagen: Ich habe heute nur einen kleinen Bruchteil von Accra kennengelernt, und da war unter anderem das Zentrum der Stadt nicht dabei.