Pisco, Winter und der erste Trip - meine ersten 3 Wochen in Lima
8/19/2024
¡Saludos de Peru! Gibt es einen besseren Anlass für einen neuen Blogartikel als der Beginn eines neuen Auslandsaufenthaltes? Ich glaube nicht. Am 31.07.2024 ging die Reise los: Von Frankfurt über Paris nach Lima. Nach fast 10 Jahren war es definitiv Zeit, auf den südamerikanischen Kontinent zurückzukehren. Etwas Vorgeschmack habe ich durch mein GapYear 2021/2022 bekommen, das ich unter anderem in Mittelamerika verbracht habe. Nun bin ich schon fast drei Wochen in Lima und berichte einfach mal ein bisschen:
Der Start in mein Auslandssemester verlief nicht ganz nach meiner Vorstellung, da ich leider krank angekommen bin. Es war nicht allzu schlimm, allerdings war der Erkältungsinfekt hartnäckiger als gedacht und ich musste lange langsam machen. Besonders das Surfen, auf das ich mich so sehr gefreut hatte, konnte ich am Anfang vergessen. Hinzu kommt, dass auf der Südhalbkugel gerade Winter herrscht und Surfen daher mit viel Frieren einhergeht. Auch wenn sich 15 – 18 Grad in Lima nicht nach Winter anhören – Glaub mir, es fühlt sich nach Winter an. Ich bin keine Person, die schnell friert, doch ich schlafe hier nachts mit Pulli, Wärmeflasche und drei verschiedenen Decken. Mir kommt es so vor, als wäre die Innentemperatur niedriger als die Außentemperatur. Vielleicht liegt das daran, dass man sich draußen meistens bewegt. Aber wärmer ist es in meiner (scheinbar sehr schlecht isolierten) Wohnung auf jeden Fall nicht. Da sich diese Einschätzung aber mit den Erfahrungen vieler anderer Studenten deckt, scheint da etwas dran zu sein.
Der seltene Anblick eines Sonnenuntergangs zu dieser Jahreszeit in Lima - was für eine schöne Begrüßung am ersten Abend.
Apropos Wohnung: Wie in Mannheim auch, wohne ich hier in einer 4er-WG. Wir sind vier internationale Studenten und leben alle für ein Semester hier. Wir sind bunt durchgemischt: Die anderen drei kommen aus den Niederlanden, Polen und Österreich. Außerdem haben wir noch eine Nachbar-WG, in der größtenteils auch Niederländer wohnen. Da wir uns alle aber super gut verstehen und sich unsere Küche und Wohnbereich als gemeinsames Wohnzimmer etabliert hat, fühlt es sich manchmal eher wie eine 8er-WG an.
Unsere Wohnung befindet sich direkt an der Küste in Miraflores. Das heißt, ich muss nur einen Schritt vor die Haustüre setzen und schon sehe ich das Meer. Nachdem ich in meinem GapYear für 9 Monate ohne Unterbrechung am Meer gelebt habe, war die Sehnsucht riesig. Auch, wenn der Ausblick auf den Pazifik jetzt schon schön ist – im Sommer wird das sicherlich mit wunderschönen Sonnenuntergängen getoppt. Der Winter in Lima ist nämlich nicht nur kühl, sondern vor allem grau. In meinen drei Wochen hier kann ich tatsächlich an einer Hand abzählen, wie oft ich in dieser Zeit die Sonne zu Gesicht bekommen habe. Und da sind auch die Momente eingerechnet, in denen die Sonne nur für wenige Minuten zu sehen war. Aber was soll ich sagen, die Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude und in sechs Wochen sollte sich das Wetter schon deutlich gebessert haben. Bis dahin muss ich die Sonne eben an anderen Orten suchen;).
So sieht der Himmel in 99% aus: Bewölkt.
Genau das habe ich dieses Wochenende gemacht, als ich das erste Mal Lima verlassen habe. Es ging Richtung Süden nach Paracas und Huacachina in die Wüste. Über diese Orte werde ich noch in einem anderen Beitrag berichten. Ich kann aber schonmal sagen, dass es sehr beeindruckend war. In der Wüste war ich das letzte Mal 2019 in Namibia, von daher wurde es mal wieder Zeit. Der Trip wurde von der Uni meiner Mitbewohner organisiert, bei denen ich mich als ‚Roomie‘ angeschlossen habe. Daher, dass meine Uni eine Woche später angefangen hat, habe ich auch die gesamte Introduction-Week der anderen Uni mitgemacht, was super schön war. Der Kurztrip nach Huacachina hat meine Reiselust definitiv wieder befeuert und ich freue mich auf all die besonderen Orte, die ich hier in den nächsten Monaten noch bereisen werde. Die gute Nachricht: Die erste größere Reise ist schon geplant und beginnt am 29. August. Ich will nicht zu viel verraten, aber auf dem Programm steht unter anderem eines der sieben Weltwunder.
Huacachina - was ein schöner erster Trip!
[photo taken by @travelwithkacper]
Manchmal kann ich gar nicht glauben, dass ich mich gerade über 12 Flugstunden von Deutschland entfernt am pazifischen Ozean befinde. Miraflores, der Stadtteil, in dem ich wohne, fühlt sich manchmal wie Europa an. Ich weiß, dass das nicht repräsentativ für Peru ist. Das haben mir schon die Busfahrten nach Callao, einer nahegelegenen Stadt, und nach Huacachina gezeigt. Verlässt man Stadtteile wie Miraflores, Barranco, San Isidro oder La Molina realisiert man ganz schnell, wie stark hier die Gegensätze von Armut und Reichtum aufeinanderprallen. Während luxuriöse Hochhäuser die Küste von Lima prägen, kann man in anderen Stadtteilen noch nicht mal von Häusern sprechen. Auch das ist Südamerika – nicht nur beeindruckende Andenlandschaften, schöne Strände oder der endlose Amazonas.
Ich bin gespannt, wie sich mein Alltag in den nächsten Wochen entwickeln wird. Heute fängt offiziell meine Uni an, was sicherlich die ein oder andere Veränderung bewirken wird. Allerdings habe ich das Glück, hier nur zwei Kurse belegen zu müssen, die von Montag bis Mittwoch verteilt liegen und teilweise sogar online sind. Das heißt: viel Zeit zum Reisen! Vermutlich werden sich diese Tage als „Arbeitstage“ für Uni und Arbeit etablieren, und der Rest der Woche größtenteils zum Erkunden und Reisen genutzt. Wow, darauf habe ich so lange gewartet. Das gesamte letzte Semester habe auf diese Zeit hier hingearbeitet. Das ist auch der Grund dafür, weshalb mir hier nur zwei Kurse angerechnet werden müssen: Ich habe in meinem letzten Semester in Mannheim eine Vorlesung vorgezogen, um hier weniger Veranstaltungen belegen zu müssen. Das Ergebnis war ein Semester mit über 40 ECTS und zusätzlich 10 Stunden Arbeit pro Woche. Ob ich froh bin, es durchgezogen zu haben? Na klar! Ob ich es nochmal machen würde? Nein. Es war einfach zu viel. Ab Semesterwoche 2 war ich fast ununterbrochen am Rotieren und habe versucht, neben dem ganzen Workload mein soziales Leben nicht ganz an den Nagel zu hängen. Aus einer stressigen Klausurenphase, die normalerweise nicht länger als 1 ½ Monate dauert, wurden diesmal über 4 Monate. Und das war einfach zu viel. Das weiß ich jetzt. Trotzdem bin ich überglücklich und auch stolz, es am Ende durchgezogen zu haben, denn: jetzt zahlt sich die Mühe und der Stress aus und so viele Reisen warten schon auf mich. Es gab einen Moment im Juli in der Bibliothek, in dem ich ein paar Zeilen heruntergeschrieben habe. Ich glaube, diese beschreiben meine Gedanken und Gefühle aus dieser Zeit relativ gut:
„Mir brennt es gerade richtig in den Fingern zu schreiben. Seit ich in den ersten Monaten des Jahres meinen Blog komplett umgestellt und erneuert habe, bin ich noch nicht dazu gekommen, etwas wirklich Neues zu schreiben. Und das ist schade. Ich freue mich unheimlich auf das nächste halbe Jahr und besonders darauf, meine Erlebnisse hier wieder festzuhalten. Durch den Unistress der letzten Monate habe und hatte ich keine Zeit zu realisieren, dass ich in weniger als 30 Tagen nicht nur für ein paar Wochen in den Urlaub fliege, sondern Deutschland für ganze sechs Monate hinter mir lasse. In genau einem Monat bin ich schon in Lima - vielleicht am Surfen, vielleicht einfach nur am Ausruhen, vielleicht schon mit neuen Menschen, vielleicht auch allein. Ich liebe es, mir im Vorfeld zu überlegen, wie die Zeit werden könnte, was ich erleben werde, auf welche Leute ich wohl treffen werde, und so weiter. Und auch, wenn mein Abflugdatum seit Februar meine Motivation ist, meine Uniabgaben und Klausuren zu meistern und ich mich an diesem Abflugdatum festhalte, um die allerletzten Wochen noch durchzuhalten
und zu überstehen, dann denke ich nur an dieses Datum und noch nicht an die gesamte Zeit, die da auf mich zukommen wird. Ich meine, das ist auch in Ordnung. Ich bin sowieso jemand, der alles einfach auf sich zukommen lässt, am liebsten nicht zu viel plant, und sich vom Leben überraschen lässt. Aber ich liebe es, mir besonders vor Auslandserfahrungen auszumalen, wie es wohl sein wird. Auch, wenn es im Endeffekt natürlich ganz anders kommt. Was ich eigentlich sagen will: Ich hatte die letzten Monate nicht richtig Zeit zu realisieren, was da für eine Wahnsinnszeit auf mich zukommen wird.
Seit gestern ist der Vertrag der Untermiete meines WG-Zimmers hier in Mannheim unterschrieben - das war endlich mal wieder ein Moment, in dem ich gemerkt habe, dass ich ja dann wirklich nicht hier bin - in Mannheim, in Deutschland, in Europa.
Eine Woche muss ich noch durchhalten, dann ist die stressigste Uni-Zeit vorbei. Dann geht es erstmal in den Familienurlaub. Und wenn ich dann wieder da bin, sitze ich eine Woche später auch schon im Flieger: Über Paris nach Lima. So richtig realisieren werde ich es vermutlich erst, wenn ich ein paar Tage vor Abflug mein Zimmer leerräumen werde.
Eigentlich wollte ich gerade nur ein paar Sätze schreiben - schließlich sitze ich in der Uni-Bibliothek und sollte an meiner Hausarbeit arbeiten. Aber zu groß war das Verlangen, meinen Gedanken mal wieder freien Lauf zu lassen. Das habe ich die letzten Monate viel zu selten zugelassen. Ich wünschte, meine Hausarbeit würde sich so leicht und schnell schreiben lassen wie gerade diese Zeilen hier. Aber gut, ich widme mich nun wieder meiner Hausarbeit. Und schiebe meine Tagträume noch ein paar Wochen auf. Vermutlich so richtig, bis ich im Flieger sitze. Ich bin so gespannt, was mir in diesen Momenten durch den Kopf gehen wird. Ich freue mich auf den Moment am Flughafen. Sehr sogar. Dann wird mein Leben wieder für ein halbes Jahr auf den Kopf gestellt. Und was soll ich sagen - dafür wird es definitiv mal wieder Zeit :).“
Während ich vor 1 ½ Monaten nur vor mich hin philosophiert habe, bin ich jetzt schon um einiges schlauer. Allein bin ich hier auf alle Fälle nicht, dafür habe ich schon zu besondere Herzensmenschen kennengelernt, die ich mir gar nicht mehr wegdenken kann und möchte. Die ersten paar Wochen waren geprägt von Spaziergängen, der Suche nach vegetarischem Essen, der ein oder anderen heißen Schokolade, vielen Pisco Sours und langen Partynächten. Und das alles in bester Gesellschaft.
Auch, wenn ich mittlerweile schon surfen war, muss ich nun erstmal abwarten, bis ich wieder gesund bin. Denn ja, ich bin schon wieder krank… Ich hoffe, dass sich das bald ändert, denn ich habe wenig Lust darauf, dauerhaft angeschlagen zu sein. Bis zur ersten großen Wanderung habe ich noch genau zwei Wochen Zeit, und bis dahin sollte ich wieder ganz fit sein. Generell habe ich so viele Ideen, wohin ich die nächsten Monate hinreisen könnte, dass ich gar nicht weiß, wie ich das alles unter einen Hut bringen kann. Aber darin liegt bekanntlich die Kunst: Die richtige Mitte zu finden zwischen dem Reisen und meinem Alltag hier. Denn das ist mir besonders wichtig: Ich möchte in Lima leben und mir einen Alltag aufbauen. So lernt man einen Ort am besten kennen. Und das geht nur, wenn ich auch genügend Zeit hier bin.
Während das hier eher ein Einblick in meine Gedanken war, werde ich in den nächsten Monaten natürlich noch so einiges zu Peru schreiben. Aber jetzt muss ich erstmal einen Punkt machen, denn meine allererste Uni-Veranstaltung fängt gleich über Zoom an. Meine Kurse sind beide auf Spanisch, das wird eine Herausforderung werden. Doch diese Herausforderung nehme ich gerne an und hoffe, mein Spanisch in den nächsten Monaten nochmal deutlich verbessern zu können. Also in diesem Sinne – ¡Hasta la próxima!
[photo taken by @travelwithkacper]
Pfälzer Mädel Annerschtwo
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