Der erste Monat in Panama, Teil 1/2
10/21/20258 min lesen
Als ich vor knapp einem Monat in Panama gelandet bin, hatte ich keine Ahnung, dass ich genau jetzt, in diesem Moment, am Esstisch meiner eigenen (!) Wohnung sitzen, von meinem Laptop Latino-Musik tönen und auf meinem Herd Brownies in der Pfanne backen würden. Aber gut, das Leben wäre ja auch ziemlich langweilig, wenn man immer schon vorher wissen würde, was die Zukunft alles für einen bereithält.


Brownies in der Pfanne? Ja, du hast richtig gelesen. Meine Küche hat keinen Backofen und da habe ich mich an ein Instagram Reel von vor ein paar Wochen erinnert, in dem jemand in der Pfanne Brownies gebacken hatte. Das kann ich auch, dachte ich mir. Naja, davon bin ich nicht mehr so ganz überzeugt. Denn ich bin bereits beim zweiten Versuch – nachdem meine Brownies aus dem Topf gehörig schiefgegangen sind. Eigentlich soll man die Brownies mit geschlossenem Deckel bei schwacher Hitze backen, doch der einzige Deckel, den es in meiner Küche gibt, passt leider nicht auf die einzige Pfanne, die es in meiner Küche gibt. Daher habe ich es zuerst mit Topf und Deckel versucht. Aber gut, jetzt wurde es doch die Variante mit Pfanne ohne Deckel. Wäre mein Versuch geglückt, hätte ich die Brownies mit ins Büro gebracht. Über eine kleine schokoladige Überraschung freut sich doch jeder in der Mittagspause. Aber da habe ich meine Fähigkeiten wohl überschätzt, auch wenn das angesichts meiner bisherigen Koch- und Backerfahrungen jetzt nicht wirklich überraschend kommt. Naja, je nachdem, wie erfolgreich der zweite Versuch ist, kann ich das in den nächsten Wochen noch optimieren – und wer weiß, vielleicht stehen dann tatsächlich eines Tages ein paar Schoko Brownies im Büro. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg.
Dieser Beitrag soll sich auch eigentlich nicht um Brownies drehen. Sondern unter anderem darum, dass ich vor vier Wochen nicht dachte, jetzt in meiner eigenen Küche zu sitzen. Okay, es ist natürlich nicht meine eigene Küche und auch nicht meine eigene Wohnung – aber zumindest eine gemietete Wohnung für mich ganz allein. Als ich mich vor ein paar Monaten in Deutschland mit der Wohnungssuche in Panama City beschäftigte, realisierte ich ziemlich schnell, dass das keine ganz günstige Angelegenheit werden würde. Lima war da echt um einiges angenehmer, was den Kostenaspekt angeht. Ich bin zwar zweieinhalb Wochen vor Praktikumsbeginn in Panama angereist, wollte die Zeit jedoch nutzen, um Panama zu bereisen und nicht, um von einer Wohnungsbesichtigung zur nächsten zu hetzen. Darum buchte ich im Vorfeld über Airbnb ein Zimmer in einem Apartment, in dem ich mir Wohnzimmer und Küche mit anderen Mitbewohnern teilen sollte. Als ich letzten Samstag nach einem langen Reisetag in Panama City ankam und das erste Mal mein Zimmer betrat, musste ich erstmal lachen. Wobei, stimmt nicht ganz. Denn betreten hatte ich es da noch gar nicht. Das ging erst, nachdem ich meinen Backpack abgestellt hatte, denn das wäre im Zimmer nicht mehr möglich gewesen. Das Zimmer war klein. SEHR KLEIN. So klein, dass ich meinen Koffer im Wohnzimmer stehenlassen musste. Aber immerhin hatte ich ein privates Bad. Naja, in dem Moment, als ich die Zimmertür das erste Mal geöffnet hatte, wusste ich, dass ich hier nicht bleiben konnte. Nicht für drei Monate. Noch nicht mal für wenige Wochen. Der „Schrank“ war etwa 30 cm breit und bestand nur aus einer Kleiderstange mit ein paar Kleiderbügeln. Kein Platz für den Rest meiner Klamotten. Das gefiel meinen Business-Outfits natürlich gar nicht.


Dass hieß dann also, dass ich mich nach nicht einmal 2h in meinem Airbnb schon durch sämtliche Wohnungsinserate wühlte und verzweifelt versuchte, Termine für Wohnungsbesichtigungen zu ergattern. Ich würde schließlich nicht nochmal etwas mieten, ohne es vorher gesehen zu haben. Und was soll ich sagen? Es funktionierte! An meinem ersten Arbeitstag hatte ich zunächst um 07:30 Uhr eine Besichtigung und dann noch zwei weitere am Nachmittag. Aus der letzten Besichtigung wurde zum Glück nichts, denn ich hatte meine Bleibe für die nächsten Monate bereits gefunden. In Panama funktioniert das etwas anders als in Deutschland – gefällt dir bei der Besichtigung eine Wohnung und du äußerst dies entsprechend, dann ist sie deine. Nicht wie in Deutschland, wo sich der Vermieter oft Wochen später rückmeldet und dir mitteilt, dass du der auserwählte Nachmieter bist (oder auch nicht). Als ich mir diese Wohnung anschaute, wusste ich, dass ich in puncto Preis-Leistungs-Verhältnis nichts Besseres finden würde. Und somit machte ich Nägel mit Köpfen, sagte der Vermieterin auf der Stelle zu, sagte meine dritte angesetzte Wohnungsbesichtigung dieses Tages ab und machte mich auf den Weg, den ersten Teil meiner zu zahlenden Kaution abzuheben. Die Vermieterin machte es ähnlich, sagte die andere geplante Wohnungsbesichtigung ab und bereitete den Vertrag vor. Ich hatte Glück. Eigentlich vermietet sie diese Wohnung nur für ein Jahr. Aber anscheinend hatte sie Mitleid mit mir. Und so konnte ich bereits nach weniger als einer Woche aus meinem Airbnb in meine erste eigene Wohnung ziehen! Der einzige Haken: Ich muss fast einen ganzen Monat doppelt Miete zahlen, da ich das Airbnb nicht einfach so stornieren konnte. Aber jetzt, da ich schon zahle, behalte ich den Schlüssel auch noch. Das Airbnb hat einen schönen Balkon und wer weiß, vielleicht komme ich an den nächsten Wochenenden mal mit meinem Buch vorbei und lese ein paar Seiten, während ich den Ausblick auf Panamas Hochhäuser genieße.


Ausblick aus dem Airbnb
Mit dieser neuen Wohnung habe ich nun so wirklich jede Art des Wohnens einmal durchlebt: Während meines Studiums lebte ich durchgängig in einer 4er-WG, sowohl in Mannheim als auch in Lima. Einmal mit geteiltem und einmal mit privatem Bad. Auf Hawaii lebte ich zur Untermiete bei einer alten Dame. Rückblickend muss ich ein bisschen den Kopf schütteln, wenn ich darüber nachdenke, dass ich dort vier Monate lang auf einer Matratze auf dem Boden geschlafen habe, Besuch komplett verboten war und die Vermieterin und ich (abgesehen von ihrem sehr gebrochenen Deutsch) keine gemeinsame Sprache gesprochen haben. Aber gut, diesen Kompromiss war ich mehr als bereit einzugehen, um ein paar Monate auf Hawaii leben zu können. In Costa Rica lebte ich nicht nur in einer 5er-WG mit einem Bad, sondern teilte mir auch noch mit zwei meiner vier Mitbewohnerinnen das Zimmer. Ebenfalls für eine Dauer von vier Monaten. Da frage ich mich wirklich, wie ich das gemacht habe. Ich bin nach wie vor bereit, viele Kompromisse einzugehen. Aber für vier Monate in einem Dreierzimmer zu leben, gehört nicht mehr dazu. Für die Zeit damals war das völlig in Ordnung, eine meiner (wechselnden) Mitbewohnerinnen ist heute eine meiner besten Freundinnen und genau wie auf Hawaii nahm ich es gerne in Kauf, Abstriche bei der Wohnsituation zu machen, wenn das bedeutete, vier Monate lang in Costa Rica Spanisch lernen zu können. Tja, und jetzt sitze ich in Panama City in meiner ersten eigenen Wohnung, in der ich nicht sitzen würde, hätte ich vor dreieinhalb Jahren nicht in Costa Rica in einem Dreierzimmer gelebt und Spanisch gelernt. Es gibt wenige Dinge, über die ich so glücklich bin, wie über die Entscheidung, nach dem Abi Spanisch zu lernen und es auch tatsächlich durchgezogen zu haben. Nur deshalb konnte ich ein Semester in Lima studieren. Nur deshalb kann ich nun ein Praktikum in Panama-City an der deutschen Botschaft machen. Da bin ich ehrlich gesagt ziemlich stolz drauf. Mein Spanisch ist bei weitem nicht perfekt und ich habe nach wie vor die Situationen, in denen ich kein Wort hervorbringe und mich frage, ob mein Spanisch mittlerweile nicht noch viel besser sein müsste. Aber dann bin ich wieder tagelang Übersetzerin für meine temporäre Reisegruppe in Panama, quatsche in der Mittagspause mit den Lokalbeschäftigten und lese einen spanischen Roman. Und dann merke ich, dass ich auch damit schon zufrieden sein kann.




Casco Viejo, Panama City
Es fühlt es etwas surreal an, sich mal schnell am anderen Ende der Welt einen komplett neuen Alltag aufzubauen. Ich bin es nicht gewöhnt, Vollzeit zu arbeiten. Bis auf die zwei Monate Praktikum in Ghana 2023 habe ich das Arbeiten immer mit dem Studieren kombiniert und konnte mir die Stunden selbst über alle sieben Tage aufteilen. Das ist jetzt anders, doch ich mag es. Ich habe meinen gesamten Tagesablauf nach vorne geschoben. Ich stehe um kurz vor 6 Uhr auf, dusche (kalt, denn warmes Wasser hat meine Wohnung leider nicht zu bieten), frühstücke und laufe los zur Botschaft, sodass ich zwischen 7:10 und 7:20 Uhr an der Botschaft bin. Schon um diese Uhrzeit komme ich bei meinem 15 Minuten Laufweg mehr als genug ins Schwitzen. Aber ein früher Start am Morgen bedeutet auch ein frühes Ende am Nachmittag. Da es schon um 18 Uhr dunkel ist, gehe ich sowieso früh ins Bett. Und so habe ich wenigstens noch ein paar Stunden Tageslicht.
Am Wochenende konnte ich das erste Mal richtig durchatmen und realisieren, wo ich gerade bin und was ich hier mache. Ich hatte mich am Sonntag tatsächlich aufgerafft und bin joggen (!!) gegangen. Ich wohne in El Cangrejo und bin daher erstmal 25 Minuten zur Cinta Costera, der Küstenpromenade, gelaufen. Von dort aus bin ich dann am Meer entlang losgejoggt. Es war vielleicht nicht die beste Idee, an einem sonnigen Tag zwischen 11 und 12 Uhr mittags joggen zu gehen, aber die Hitze hat mich tatsächlich weniger gestört als gedacht. Das Joggen ging allgemein besser als erwartet, aber da haben meine Wanderungen im Landesinneren von Panama vor Praktikumsstart wohl doch etwas bewirkt. Als ich gestern an der Promenade lang gejoggt bin, habe ich innerlich nur den Kopf geschüttelt. Auf der einen Seite sehe ich Panamas Wolkenkratzer, immer wieder mit ein paar Palmen davor. Auf der anderen Seite blicke ich auf das Meer und auf die Frachter, die sich in wenigen Kilometern Entfernung aufreihen, um durch den Panama-Kanal zu fahren. Einfach verrückt. Und dann darf ich auch noch beim Auswärtigen Amt ein Praktikum machen - der Grund, weshalb ich überhaupt hier bin. Das war ein Traum, den ich seit Anfang meines Bachelor-Studiums hatte. Und jetzt geht er gerade jeden Tag in Erfüllung. Dafür bin ich unendlich dankbar und ich werde diese Chance nutzen, um so viel wie möglich aus dieser Erfahrung mitzunehmen – sowohl fachlich als auch persönlich.




Umzug und Business-Outfits!
Aber vielleicht sollte ich mal noch ganz an den Anfang spulen, nämlich zu den zwei Wochen Reisen vor Praktikumsbeginn. Ich bin unendlich froh, diese Zeit gehabt zu haben, um Panama beim Reisen kennenzulernen, bevor mein Leben hier in Panama City begann. Und ja, ich hätte diese Zeit auch zur Wohnungssuche nutzen können, denn das hätte mir den Stress in der ersten Praktikumswoche und auch die doppelte Miete erspart – doch ich würde es genauso wieder tun. Ich habe in diesen zwei Wochen so viele tolle Menschen getroffen, unglaubliche Natur- und Pflanzenwelt gesehen und mich so frei gefühlt. Das hätte ich für kein Geld oder Stress der Welt missen wollen.
Hier geht's zum zweiten Teil dieses Artikels - ich teile besondere Panama-Reisemomente mit dir und verrate natürlich auch, was letztendlich aus meinem Brownie-Experiment geworden ist:
Pfälzer Mädel Annerschtwo
Reisegedanken - Reiseerfahrungen - Reisetipps
