Von Lima aus Südamerika entdecken: Meine 6-monatige Reisechronik
2/5/2025


Aus diesem Grund habe ich in meinem vorherigen Semester in Mannheim über 40 ECTS belegt. So reichten mir zwei Kurse in Peru aus, um in der Regelstudienzeit zu bleiben, und ich konnte neben der Uni und meinem Hiwi-Job auch viele andere Teile von Peru und Südamerika entdecken. Ich werde dich einmal chronologisch durch meine Reisen des letzten halben Jahres führen, dir dabei die ein oder andere Anekdote erzählen und dir mit vielen Bildern Reiselust auf Südamerika machen. Auf geht die Reise durch Lateinamerika!
Meine Reisen der letzten sechs Monate - einmal quer durch Südamerika
So lange habe ich auf mein Auslandssemester hingefiebert – und jetzt ist es schon vorbei. Ich konnte es nicht abwarten, das Leben an einem neuen Ort kennenzulernen. Und um dies auch wirklich tun zu können, wollte ich in meinem Auslandssemester nicht nur mit der Uni beschäftigt sein.
Huacachina und Paracas
Dieser Kurztrip sollte der erste von vielen sein. Es war das letzte Wochenende vor meinem Unistart in Peru, und ich war zu diesem Zeitpunkt seit etwa drei Wochen in Lima. Der Trip nach Huacachina war der einzige, den ich nicht selbst oder mit Freunden organisierte. Die Buddies der Austauschstudenten der Universidad del Pacífico hatten dieses Wochenende geplant, und obwohl ich selbst an einer anderen Uni studierte, konnte ich mich für den Trip anmelden. Der Hintergrund war, dass so gut wie alle meine Freunde – aka meine Mitbewohner – Studenten der UP waren, und daher konnte ich mich als deren Roomie anschließen.
Ich muss schmunzeln, wenn ich zurückdenke … Es fühlt sich so lange her an. Denn auch wenn ich die Leute, mit denen ich im Laufe des Semesters am meisten Zeit verbracht habe, zum Großteil schon kannte, steckten die Freundschaften eben noch in den Kinderschuhen – ich hatte keine Ahnung, welche einmaligen Erfahrungen ich mit ihnen erleben, welche Orte ich mit ihnen gemeinsam bereisen und welche unglaublichen Erinnerungen ich mit ihnen über die nächsten Monate kreieren und teilen würde.
Huacachina war besonders. Es war das erste Mal, dass ich Lima verließ. Der Beginn des Trips mit einer Bootstour in Paracas, um Seelöwen, Pinguine und andere Tiere zu beobachten, war aber mal so gar nicht mein Fall. Dort herrschte ein solcher Massentourismus, der einfach nicht gut für die Tiere sein kann: Zusammen mit zwei anderen Booten umkreiste unser Captain eine Boje, auf der ein Seelöwe lag. Allein das ist schon schlimm genug. Doch er fuhr so nah an das Tier heran, dass unser Boot versehentlich die Boje rammte – und der Seelöwe ins Wasser fiel.
Naja, schön wurde es dann, als wir endlich in Huacachina ankamen. Wir rasten mit Buggys durch die Wüste, waren Sandboarden und genossen die wunderschöne Wüstenlandschaft. Was für ein Kontrast zu Lima! Den Sonnenuntergang dieses Abends habe ich bis heute bildlich vor Augen. In den Buggys ging es dann zur Oase Huacachina, in der sich auch unser Hostel befand. Meine Gruppe war die letzte, die sich auf den Rückweg machte, und wir waren mehr als bereit, etwas zu essen und anschließend ein bisschen zu feiern. Doch das Universum hatte einen anderen Plan, denn wir blieben mit unserem Buggy im Sand stecken – das Fahrzeug gab mitten in der Wüste den Geist auf.
Es dauerte, bis unser Fahrer jemanden erreichen konnte, und erst recht, bis tatsächlich jemand kam, um uns abzuholen. Mittlerweile war es stockdunkel, doch keine Sorge – wir hatten unseren Spaß. Außerdem hatten wir im Gegensatz zu allen anderen die Wüste und den restlichen Sonnenuntergang ganz für uns allein. Angekommen im Hostel, wurde schließlich, ohne groß zu überlegen, das erste Bier aufgemacht, und die Party konnte losgehen.
Das war eine der ersten langen Partynächte meines Auslandssemesters, und ich muss immer noch schmunzeln, wenn ich daran zurückdenke. Es fühlt sich an, als wäre es Jahre her, doch gleichzeitig kann ich mich noch an jedes Detail erinnern.





Cusco: Pallay Puncho, Salkantay und Machupicchu
Während es sich bei Huacachina nur um einen Wochenendtrip handelte, ging es für ganze zehn Tage in die Region Cusco – vom 29.08. bis zum 08.09.2024. Unterwegs war ich mit acht Freunden, von denen die Mehrheit Mitbewohner von mir waren. Nach eineinhalb Tagen in Cusco und großem Verhandeln auf dem Plaza de Armas nahmen wir an einer Tour zum Palcoyo-Regenbogenberg teil. Es ging das erste Mal so richtig hoch, nämlich bis auf 4.900 Meter.
Gemeinsam mit Huba und Kaz trennte ich mich für eine Nacht vom Rest der Gruppe, und wir fuhren nicht zurück nach Cusco. Stattdessen wurden wir in irgendeinem Dorf an der Landstraße herausgelassen, um mit dem Bus nach Sicuani weiterzufahren. Die Blicke der anderen Tour-Teilnehmer werde ich nie vergessen – die waren nämlich ziemlich verwirrt, als wir mitten in der Pampa aus dem Tourbus ausstiegen. Doch warum wollten wir überhaupt nach Sicuani? Der Hintergrund war, dass wir am nächsten Morgen so früh wie möglich einen anderen Regenbogenberg besichtigen wollten, der sich dort in der Nähe befand. Sicuani war anders als alles, was ich bisher in Peru gesehen hatte. Wir waren die einzigen Touristen. Und es war der Ort, an dem mir von der Polizei das Handy geklaut wurde – und ich es mir wieder zurückkaufen musste. Diese einmalige Story kannst du in diesem Artikel unter „Sicherheit“ nachlesen.
Am nächsten Morgen ging es also früh morgens los: in einem vollgestopften Colectivo nach Layo. Wir saßen mit unseren großen Rucksäcken (wir waren zwar nur eine Nacht unterwegs, allerdings war es sehr kalt, und wir brauchten einige Kleidungsschichten) in der letzten Reihe, und bis auf die riesengroßen Hüte der Einheimischen vor mir konnte ich nicht viel sehen. Angekommen in Layo mussten wir nun also jemanden finden, der uns so schnell und so weit wie möglich den Berg hochfahren würde. Das Schöne in Südamerika: Irgendwie ist jeder Taxifahrer – wenn man nur nachfragt. Die Jungs waren auf der Suche nach Snacks und gingen in einen kleinen Kiosk am Straßenrand. Sie staunten nicht schlecht, als plötzlich ein Mann mit seinem (etwas klapprigen) Auto neben mir stand und wir nur noch auf sie warteten. Ich muss anmerken: Layo war menschenleer, alles andere als ein Touristenhotspot und bis auf unser Colectivo war zunächst weit und breit kein Auto zu sehen.
Ich fragte eine ältere Dame, die an der Straße Essen verkaufte, ob sie jemanden kennen würde, der uns den Berg hochfahren könnte. Sie sagte etwas auf Quechua und machte eine abwinkende Handbewegung. Ich hatte keine Ahnung, was sie damit ausdrücken wollte oder ob sie mich überhaupt verstanden hatte, doch keine zwei Minuten später fuhr das besagte Fahrzeug um die Ecke, auf das sie gezeigt hatte. Der Fahrer war scheinbar bestens informiert, dass es drei Touristen gab, die auf den Pallay Punchu hochwollten. Wie er davon erfahren hatte? Ich weiß es nicht. Die Dame hatte kein Handy und hatte mit sonst niemandem gesprochen. Doch ich bin mir sicher, dass sie etwas damit zu tun hatte. Es wird uns für immer ein Rätsel bleiben, und irgendwie finde ich das schön.
Dieser Tag war einer der besondersten meines gesamten Auslandssemesters – aus mehreren Gründen. Zum einen aufgrund der Natur, denn die war einfach der Wahnsinn. Wir stiegen aus dem Auto aus und starteten den Rest des Aufstiegs, eingepackt in Handschuhen, Mütze und vielen, vielen Schichten. Wir waren auf 4.500 Metern Höhe, und es war gerade einmal sieben Uhr morgens. Die Morgenstimmung war einmalig. Außer unserem Schnaufen hörte man nichts – keine anderen Menschen, keine Autos, einfach Stille. Mit jedem weiteren Höhenmeter offenbarte sich ein etwas anderer Blick, und ich konnte mich einfach nicht sattsehen. Oben angekommen, staunte ich nicht schlecht über die Farben und die Unberührtheit des Regenbogenbergs. Nach einigen Stunden sahen wir, dass ein kleines Auto oben parkte und vier Leute ausstiegen. Als wir später an ihnen vorbeikamen, fragte ich sie, von wo sie kamen, denn sie waren von der anderen Seite des Berges hergefahren. Ich erkundigte mich, ob wir diese Seite auch hinunterwandern könnten und ob es irgendeine Möglichkeit gäbe, von dort aus nach Sicuani zurückzukehren. Der Guide der Gruppe bejahte dies und begann mit seiner Gruppe den Abstieg. Bis auf diese eine Stunde, in der diese Gruppe auch dort oben war, waren wir weit und breit die einzigen Menschen. Ich glaube, das hat die Erfahrung so besonders gemacht.
Der zweite Grund, weshalb es ein solch besonderer Tag war? Die Menschen. Wir hatten keine wirkliche Ahnung, wie wir zum Pallay Punchu kommen würden, wo wir langwandern mussten oder wie wir wieder zurückkämen, und wir haben einfach alles so genommen, wie es kam. Der andere Guide sagte, man könne auch auf der anderen Seite hinabsteigen? Na, dann machen wir das. Ohne Garantie, dass wir irgendwo landen würden, wo Colectivos oder Busse fahren. Aber keiner von uns hat es infrage gestellt. Wir hatten einfach immer die gleichen Ideen und Vorstellungen davon, was wir als Nächstes tun würden. Kaz, Huba und ich haben an diesem Tag festgestellt, dass wir als Reisegruppe funktionieren. Und das erstaunlich gut. In den folgenden Wochen und Monaten sollten viele gemeinsame Trips folgen – noch in Cusco und vor allem danach, als wir zu dritt nach Bolivien und Chile aufgebrochen sind. Für immer werde ich deshalb diesen Tag als den Moment in Erinnerung haben, in dem ich zwei meiner wichtigsten Freunde in Lima so richtig kennengelernt habe.
Wir sind also, ohne irgendetwas zu hinterfragen, das andere Tal hinabgestiegen und haben glücklicherweise schnell ein Colectivo gefunden, das uns zurück nach Sicuani brachte. Wir machten uns direkt auf den Weg nach Cusco, denn am nächsten Morgen sollte das nächste große Abenteuer starten: der viertägige Salkantay-Trek nach Machupicchu. Auch dieser Hike wird mir für immer in Erinnerung bleiben. Er war unfassbar anstrengend und zugleich wunderschön. An einem einzigen Tag von 3.800 auf 4.600 Meter hochzuwandern, vor dem schneebedeckten Salkantay zu stehen und anschließend so viele Höhenmeter hinabzusteigen, dass man plötzlich durch urwaldartige Vegetation läuft – das macht man nicht alle Tage. Ich werde hier nicht weiter ins Detail gehen, denn in der vierteiligen „Salkantay-Tagebuch“-Reihe habe ich ausführlich von meinen Erfahrungen während des Treks berichtet.
Fünf Tage später war es dann endlich so weit – der Besuch von Machupicchu. Gemeinsam mit Huba und Kaz wanderte ich früh morgens den Waynapicchu hinauf und genoss den einmaligen Blick von oben. Es war surreal, tatsächlich dort zu sein – an einem der sieben Weltwunder. Wir hatten Glück mit dem Wetter, denn obwohl es zunächst nach dichtem Nebel aussah, kamen wenig später die Sonne und der blaue Himmel zum Vorschein. Nachdem wir mehrere Stunden in Machupicchu verbracht hatten, machten wir uns auf den Weg hinunter nach Aguas Calientes, denn uns standen noch zehn Kilometer Fußmarsch bevor: Wir mussten zurück nach Hidroelectrica, um dort den Bus nach Cusco zu nehmen. Dachten wir.
Der Rückweg nach Cusco stellte sich als deutlich komplizierter heraus als erwartet. Ich versuche es mal in wenigen Sätzen zusammenzufassen: Es gab keinen direkten Bus, also nahmen wir ein Colectivo über eine weitere Ortschaft bis in eine Kleinstadt, von wo aus wir einen Van nach Cusco nehmen sollten. Es war das erste – und ich glaube auch das einzige – Mal, dass ich so richtig auf Spanisch mit Einheimischen diskutierte. Wow, war ich wütend. Die Betreiber des Vans hatten uns mehrfach bezüglich der Abfahrtszeit und der öffentlichen Busse angelogen, und unsere Geduld war am Ende. Rückblickend muss ich über die Dramatik der Situation grinsen: Ich lieferte mir ein hitziges Wortgefecht auf Spanisch, Kaz baute sich demonstrativ breit als „Bodyguard“ neben mir auf, und Huba begann, mit voller Überzeugung unsere Backpacks vom Dach des Vans herunterzuholen, während er lautstark auf Ungarisch seiner Wut Luft machte. Letztendlich handelten wir ein paar Soles heraus, aber das war uns ziemlich egal – wir wollten uns einfach nicht (sorry für den Ausdruck) verarschen lassen. Um Mitternacht kamen wir schließlich nach einer sehr abenteuerlichen Fahrt durch die Anden in Cusco an. An dieser Stelle sei hinzugefügt, dass man natürlich auch auf einem einfacheren Weg von Aguas Calientes nach Cusco zurückkehren kann, sofern man bereit ist, mehr Geld auszugeben, als wir es tun wollten.
Und weil wir noch nicht genug hatten, machten wir uns (Huba, Kaz und ich) am nächsten Tag erneut in Richtung Sicuani auf, um zur Laguna Roja zu wandern. Doch das ging gehörig schief, denn durch unsere nächtliche Ankunft waren wir viel zu spät aus Cusco losgefahren und erreichten den Startpunkt der Wanderung erst, als es schon zu dämmern begann. Unser Taxifahrer – beziehungsweise der Mann, der für uns zum Taxifahrer wurde – war wenig begeistert von der Idee, uns auf über 4.500 Metern Höhe, mitten in den Anden und ohne Empfang, um 17 Uhr loswandern zu lassen. Aber wir versicherten ihm, dass wir umkehren würden, sobald es zu dunkel werden würde. Zur Lagune haben wir es natürlich bei Weitem nicht geschafft, obwohl wir teilweise gejoggt sind. Dieses Tempo konnte ich allerdings nicht lange mithalten, denn auf über 4.500 Metern wird die Luft dann doch ziemlich dünn. Aber egal ob joggend oder in normalem Tempo – die acht Kilometer waren utopisch in einer Stunde vor der Dunkelheit zurückzulegen. Wenn ich zurückdenke, habe ich allerdings nicht das Gefühl, dass mir die Laguna fehlte. Das Abendlicht, das die schneebedeckten Berge wunderschön anstrahlte, sorgte für eine einmalige Atmosphäre.
Mal wieder waren wir weit und breit die einzigen Menschen – abgesehen von ein paar Einheimischen, die dort oben in völliger Abgeschiedenheit lebten. Auch wenn wir schließlich umkehrten, war es mittlerweile stockdunkel geworden, und wir mussten den Rückweg in der Finsternis zurücklegen. Ohne Licht wurde es zudem extrem kalt – daran hatten wir bei all dem Stress am Morgen nicht wirklich gedacht. Unser Fahrer war aber so nett und gab mir eine Decke aus dem Kofferraum mit. Nach einiger Zeit war das Auto endlich wieder in Sichtweite, denn der Fahrer ließ den Warnblinker ab und zu aufleuchten, damit wir unseren Ausgangspunkt wiederfinden konnten. Man unterschätzt leicht, wie schwierig es ist, in völliger Dunkelheit einen kaum ausgebauten Wanderweg wiederzufinden. Aber gut, im Endeffekt kamen wir – zur großen Erleichterung unseres Fahrers, der schon dachte, er müsse drei Touristen, einen davon in kurzen Hosen, als vermisst melden – unter einem atemberaubenden Sternenhimmel wieder am Auto an. So schnell es ging – mit einem Reifenwechsel auf halber Strecke in klirrender Kälte und mitten in der Pampa – fuhren wir zurück in den nächsten größeren Ort (etwa zwei Stunden entfernt), damit wir den letzten Bus nach Cusco nicht verpassten.
Was soll ich noch hinzufügen? Diese zehn Tage waren pures Abenteuer und voller einmaliger Erlebnisse. Eine Zeit, an die ich mich für den Rest meines Lebens mit ungläubigem Kopfschütteln und einem kleinen Schmunzeln zurückerinnern werde.







Huaraz
Da ich nach dem viertägigen Salkantay-Trek noch nicht genug vom Wandern hatte, ging es weniger als zwei Wochen später nach Huaraz. Diesmal jedoch nicht in einer Zehnergruppe, sondern zusammen mit Laura, einer brasilianischen Freundin, die ich in Lima kennengelernt hatte. Mittwochabends machten wir uns mit dem Nachtbus von Lima auf den Weg, sodass wir den ganzen Donnerstag zum Akklimatisieren hatten und freitags die erste Lagune besichtigen konnten.
Die Laguna Parón war wunderschön und ich verstand, weshalb die Region um Huaraz auch als das „Patagonien von Peru“ bezeichnet wird. Schneebedeckte Berge, Gletscherlandschaften und das türkise Wasser prägen das Landschaftsbild. Dieses Panorama gehörte zu den schönsten, die ich je gesehen habe. Während man hier mit dem Tourbus fast bis direkt an die Lagune herangefahren wird und nur 100 Höhenmeter zu einem Aussichtspunkt hinaufgehen muss, stand am nächsten Tag eine deutlich größere Wanderung an: die Laguna 69.
Die Wanderung und damit auch der Anstieg beginnen auf 3.800 Metern. Von dort aus legt man ohne große flache Strecken Höhenmeter für Höhenmeter zurück, bis man schließlich schnaufend die Laguna auf 4.600 Metern erreicht. Ich war froh, spüren zu können, wie viel leichter mir diese Wanderung im Vergleich zum Salkantay-Pass fiel und wie sehr sich mein Körper scheinbar an die Höhe gewöhnt hatte. Dort oben hatte ich vermutlich die Pizza mit dem schönsten Ausblick, denn die restlichen Stücke Pizza vom Abend zuvor hatte ich als Lunch mitgenommen und nach all der Anstrengung mehr als genossen. Auch Laguna 69 war wunderschön, doch an diesem Tag spielte das Wetter leider nur halb mit. Aufgrund der Wolkendecke kam die Wasserfarbe im Vergleich zur Laguna Parón am Tag zuvor nicht ganz so stark zur Geltung.
Sonntagvormittags hieß es dann nach drei Nächten in Huaraz Abschied nehmen und es ging mit dem Bus zurück nach Lima.




Bolivien und Chile
Sehr spontan und mit zwei gereizten Achillessehnen ging es Ende September für zwei Wochen nach Bolivien und Chile. Beziehungsweise erstmal nach Bolivien, denn im Gegensatz zu Kaz und Huba war mir der Plan, auch noch nach Chile zu reisen, zu Beginn nicht bekannt. Beschwert habe ich mich darüber aber natürlich nicht und Chile sollte später zu einem meiner Highlights des gesamten Semesters werden. Los ging unsere Reise im beeindruckenden La Paz, dessen unglaubliche Dimensionen ich bis heute nicht ganz begreifen kann. Anschließend machten wir uns auf den Weg nach Copacabana, einem kleinen Ort auf der bolivianischen Seite des Titicacasees. Von hier aus setzten wir mit der Fähre auf die Isla del Sol über.
Es begann die anstrengende Suche nach einem Hostel mit WLAN, denn ich musste am nächsten Tag ein Online-Examen für die Uni in Peru schreiben. Naja, die Auswahlmöglichkeiten waren begrenzt, doch schließlich wurden wir fündig. Allerdings erreichte mich wenige Stunden später die Nachricht, dass das Examen verschoben wurde. Der ganze Stress war also umsonst. Aber egal, Isla del Sol ist mir sehr positiv in Erinnerung geblieben. Wir waren im nördlichen, abgeschiedeneren Teil der Insel und genauso hat es sich auch angefühlt. Am Strand liefen Einheimische mit ihren Viehherden entlang, es gab kein Netz, man sah nicht viele Leute, und es war einfach unglaublich still. Esel, Schafe, Ziegen und Hunde liefen uns definitiv öfter über den Weg als Menschen.
Von Isla del Sol ging es mit einem Zwischenstopp in La Paz in den Süden des Landes nach Uyuni. Dank der gemütlichen Nachtbusse in Südamerika habe ich etwa acht der zehn Stunden Busfahrt verschlafen und kam relativ ausgeruht in Uyuni an. Wir suchten uns einen Touranbieter, der uns drei Tage durch die Salzwüste und die wunderschöne Andenlandschaft mit ihren vielen Vulkanen und Lagunen bis zur bolivianisch-chilenischen Grenze bringen sollte. Auch wenn die Tour uns nicht das bieten konnte, was uns zuvor versprochen wurde – die Natur war einfach einmalig. Weit und breit nur Salz, ich habe mich so klein gefühlt. Da im September noch Trockenzeit herrscht, gab es nur einen kleinen Teil, in dem wir die Reflexionen durch das Wasser sehen konnten. Doch auch wenn es nur ein kleiner Teil war, hat sich der wunderschöne Sonnenuntergang in all seinen Farben perfekt im Wasser gespiegelt. Das war ein ganz besonderer Moment.
Auch am nächsten Tag staunte ich nicht schlecht über die Natur, die unsere Erde zu bieten hat. Die Laguna Colorada wird ihrem Namen definitiv gerecht und freilebende Flamingos habe ich zuvor nur einmal in Namibia gesehen. Nach einigen Diskussionen mit unserem Tourguide über nicht angekündigte Zusatzkosten und einen nicht vorhandenen Transfer hinter der Grenze wurden wir letztendlich doch die über 40 km bis nach San Pedro de Atacama gefahren, wo wir nach mehreren Stunden Wartezeit endlich unseren Stempel in die Pässe bekommen haben. Danach ging es auf Hostelsuche und wir wurden schnell fündig. Ich weiß noch genau, wie ich mich ungläubig umgeschaute, als wir durch die Gassen von San Pedro liefen. Der Kontrast zur Woche zuvor in Bolivien schockierte mich, wir waren doch gerade mal 40 Kilometer von der Grenze entfernt. Naja, der Kontrast brachte auch europäische Preise mit sich, die ich ja mal so gar nicht mehr gewöhnt war.
Aufgrund der Preise haben wir uns an drei Tagen Mountainbikes gemietet und auf diesem Weg die Atacamawüste erkundet, denn die geführten Touren oder ein Mietauto lagen eindeutig außerhalb unseres Budgets. Ich war zuvor noch nie Mountainbiken, doch ich muss zugeben, dass es unglaublich viel Spaß gemacht hat. Wahrscheinlich rede ich mir das rückblickend auch ein bisschen schön, denn vor allem zur Valle de la Luna ging es zahlreiche Kilometer einfach nur bergauf, und ich fand es in dem Moment selbst nicht ganz so schön und lustig wie im Nachhinein. Aber ein bisschen Romantisieren gehört ja immer dazu.
Was allerdings nicht zu romantisieren ist: die Sandstürme, in denen wir mehrfach unerwartet gelandet sind. Selten habe ich so starken Wind erlebt. Ich konnte in einigen Momenten noch nicht mal mit all meiner Kraft den Lenker herumreißen, um an Kreuzungen abzubiegen. Vor allem die Rückfahrt von der Laguna Cejar war übel und ich war fix und fertig, als Kaz und ich endlich am Hostel angekommen sind. Viel weiter hätte ich nicht mehr fahren können, ohne vor Anstrengung umzukippen.
Die Natur in der Atacamawüste war mehr als beeindruckend und konträr zu allem, was ich mir unter einer Wüste vorgestellt hatte. Malerische Landschaften bei Piedras Rojas, Mond- und Marslandschaften bei der Valle de la Luna und Garganta del Diablo und Landschaftsbilder, die sich sogar auf dem Mountainbike alle paar Minuten änderten. Ansonsten war ich in San Pedro einige Zeit mit Arbeiten und Uni beschäftigt, denn einfach mal ganze zwei Wochen Urlaub während des Semesters machen, geht natürlich auch nicht.









Pucusana
Nach einiger Zeit in Lima habe ich mich mit Emma, meiner Mitbewohnerin in Lima, nach Pucusana aufgemacht. Der Fischerort liegt etwa 60 km südlich von Lima, und wir hatten keine so richtige Vorstellung davon, was uns erwarten würde. Es war mehr eine Study- und Workation, und wir haben den Ort auf Basis günstiger Unterkünfte auf Booking.com ausgewählt. Erhofft hatten wir uns Sonne, ein bisschen Strand und einfach eine kurze Auszeit vom Stadttrubel im grauen Lima. Naja, grau war es leider auch in Pucusana, doch immerhin war es deutlich ruhiger.
Auch wenn wir die drei Tage durchgängig nur gearbeitet und gelernt haben, tat es unglaublich gut, für kurze Zeit den Ort zu wechseln. Pucusana hat uns erstmal ein bisschen geschockt, denn in unserer Vorstellung handelte es sich um ein kleines, idyllisches Fischerdörfchen. Naja, so schlimm wie unser erster Eindruck war es im Endeffekt nicht, aber die meisten Gebäude machten schon einen sehr heruntergekommenen Eindruck. Aber was soll ich sagen, zum Entschleunigen war es vermutlich genau das Richtige. Außerdem habe ich als Ergänzung zu meinem Studium noch einen Crashkurs durch die peruanische Geschichte der letzten Jahrzehnte bekommen – der dänische Inhaber unserer Unterkunft, der aber schon seit Ewigkeiten in Südamerika lebt, war sehr politikinteressiert und erzählte mir die interessantesten und kuriosesten Geschichten, die er in Peru so erlebt hatte. Von massiver Korruption über die Einstellungen der Menschen auf dem Land bis hin zur Covid-Zeit in Pucusana war alles dabei.



Kolumbien
4.12.2024: Das Semester ist vorbei! Ich habe meine letzte Klausur hinter mich gebracht und saß schon am nächsten Tag im Flieger Richtung Medellín. Alles ein bisschen stressig, denn ich musste auch noch mein Zimmer ausräumen, doch es hat alles noch gerade so geklappt. Da ich nur zwei Wochen Zeit hatte, wollte ich mich auf einen Teil des Landes begrenzen und etwas entspannter reisen. Wenn ich eines aus meinen Reisen der letzten Jahre mitgenommen habe, dann ist es, dass ich lieber langsam reise und dadurch vielleicht nicht alle Orte sehe, die ein Land zu bieten hat. Ganz nach dem Motto: Weniger ist mehr. Also blieb ich in den zwei Wochen in Antioquia, der Region um Medellín. Ich freute mich sehr auf die bevorstehende Zeit, endlich mal wieder ein kleiner Solo-Trip. Ich liebte das Reisen mit Freunden während des Semesters, aber ich mag es eben auch besonders gerne, ab und zu allein aufzubrechen. Nach einer Nacht in Medellín fuhr ich direkt am nächsten Morgen in das 80 km entfernt gelegene Guatapé. Die Mehrheit der Leute macht dort nur einen Tagesausflug hin, doch ich musste nach der Prüfungsphase der Uni mal durchatmen und runterkommen. Nach zwei Nächten verlängerte ich spontan und blieb noch einen weiteren Tag, bis ich mich nach Medellín aufmachte. In Guatapé gab es mal wieder einen „Wie klein ist unsere Welt“-Moment, denn ich traf im Hostel zwei Jungs aus Waldsee. Wir kannten uns zuvor zwar nicht persönlich, aber kannten natürlich teilweise gleiche Leute von Zuhause. Endlich verstand mich jemand, wenn ich sagte, dass ich die Weinschorle vermissen würde.
In den zwei Tagen in Medellín unternahm ich nicht besonders viel, ich war einfach nicht in der Großstadt-Mood. Die Comuna 13 ließ ich mir aber natürlich nicht entgehen und erlebte eine meiner Top-2 Free Walking Tours, die ich je hatte. Auf der Hostelterrasse bin ich unerwartet in einer Salsa-Session gelandet, als ein Tanzlehrer eine Tanzpartnerin für seinen Schüler brauchte. Und obwohl ich ehrlich nicht die große Tänzerin bin, hat es mir unglaublich viel Spaß gemacht, letztendlich eine Stunde lang mit den beiden zu tanzen. Das ist eine meiner schönsten Erinnerungen aus Kolumbien.
Mit dem Nachtbus ging es schließlich weiter nach Salento. Ich kann dir nur empfehlen, Kolumbien in der Adventszeit zu bereisen – die blinkende Weihnachtsbeleuchtung wird dich nicht enttäuschen. In Salento lernte ich die Niederländerin Babette kennen, mit der ich meine Reise gemeinsam nach Jardín und Jericó fortsetzte. Die Fahrt von Salento nach Jardín war ein Abenteuer. Nach dem Umstieg in Riosucio ging es in einer Chiva weiter, unserer Information aus Salento nach, sollte dieser Teil der Strecke nur noch etwa eine Stunde dauern. Spoiler: Es waren vier. Vier Stunden in einer Chiva!!!
Jardín und Jericó sind zwei wunderschöne kleine Städtchen, in denen alles deutlich ruhiger zugeht als in Salento. Als letzte Station bin ich für eine Nacht noch nach Támesis gefahren, einem kleinen Örtchen, in dem Camila wohnt. Camila hat genau wie ich auch ein Semester in Lima studiert und jetzt konnte ich sie in ihrer Heimat besuchen – was ein schöner Abschluss meiner Kolumbienreise.






Peru mit der Familie
Zurück in Lima! Und das zu einem ganz besonderen Anlass, denn meine Familie würde nur 24 Stunden nach meiner Rückkehr aus Kolumbien in Peru landen. Zweieinhalb Wochen reisten wir zu fünft durch Peru. Von Lima nach Arequipa und anschließend nach Cusco. Es war so schön, ihnen das Land zeigen zu können, in dem ich die letzten fünf Monate gelebt hatte. Wir schlenderten durch die Straßen Arequipas, wanderten drei Tage durch den Colca-Canyon, bewunderten die engen Gassen in Cusco und besichtigten die Salzminen von Maras.
Eines der Highlights war auf jeden Fall die Wanderung der letzten Etappe des Inka-Trails. Im Unterschied zum Salkantaytrek endet die Wanderung nämlich nicht in Aguas Calientes, sondern tatsächlich am Machupicchu. Der Moment, in dem wir durch das Sonnentor liefen und unterhalb den in der Nachmittagssonne angestrahlten Machupicchu erblicken konnten, war einfach einzigartig. Dass ich im September schon einmal am Machupicchu war, hat daran nichts geändert. Es war wunderschön, diesen Moment als ganze Familie teilen zu können.
Besonders glücklich war ich darüber, dass wir auch gemeinsam den Pallay Punchu besuchten. Kleiner Reminder: Das war der untouristische Regenbogenberg, den ich ebenfalls im September gemeinsam mit Kaz und Huba auf etwas abenteuerlichere Weise besucht hatte. Nun waren wir mit einem Guide und Fahrer unterwegs, was die ganze Sache etwas einfacher machte. Die zweieinhalb Wochen vergingen wie im Flug – in dieser Zeit sind auf jeden Fall viele Erinnerungen entstanden, an die wir alle noch lange mit einem Lächeln zurückdenken werden.





Brasilien und Uruguay: Von Rio de Janeiro bis nach Montevideo
Am 07.01.2025 reiste meine Familie ab und nach einer Nacht in Lima befand ich mich schon wieder am Flughafen. Die letzte große Reise dieser sechs Monate in Südamerika stand bevor: Von Rio de Janeiro nach Montevideo. Während ich diese Worte schreibe, bekomme ich schon wieder Gänsehaut. Keine schlechte Route, und was für ein Abschluss meiner Zeit in Lateinamerika! Ich muss zugeben, ich bin noch gar nicht in Montevideo, sondern noch im 230 km entfernten La Pedrera. Doch viel fehlt nicht mehr. Morgen geht es über Montevideo nach Colonia del Sacramento und im Anschluss dann für zwei Tage nach Montevideo, bevor mein Flieger früh morgens am 06.02. nach Lima abhebt.
Die letzten Wochen waren voller Eindrücke und besonderer Momente. Die ersten Tage in Rio und Ilha Grande habe ich noch mit Emma verbracht, bevor es dann allein weiter Richtung Süden ging. Rio war beeindruckend – die Art und Weise, wie diese riesengroße Stadt in die Natur zwischen all die Berge und Felsen und mitten hinein in den atlantischen Regenwald hineingebaut wurde, ist einmalig. Neben dem Besuch des Zuckerhuts und der Christusstatue haben wir die Abendstunden im gut belebten Lapa und tagsüber einige Zeit an der Copacabana und am Strand von Ipanema verbracht. Besonders der Blick von Ipanema hat mich einfach umgehauen.
Fast die Hälfte der Einwohner in Rio lebt in Favelas. Daher war es mir wichtig, auch dort einen Blick hineinzuwerfen. Gemeinsam mit einem Tourguide machte ich mich auf, die größte Favela Lateinamerikas, Rocinha, zu erkunden und über das Leben in Favelas zu lernen. Denn alles, was man über Favelas hört, ist: Gangs, Kriminalität, Gewalt und Gefahr. Ich möchte hier nichts schönreden oder herunterspielen, aber eine Favela ist weit mehr als das. Und vor allem höchst divers. Jede Favela ist unterschiedlich. Der Zusammenhalt, das Gemeinschaftsgefühl und vor allem die Normalität in den Straßen haben mich beeindruckt. Nicht jeder, der in einer Favela wohnt, ist arm oder sieht arm aus. Es sind ganz normale Menschen, von denen viele genauso aussehen wie Menschen, die in Copacabana oder Santa Teresa herumlaufen. Die Kriminalität ist zumindest in Rocinha in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen, und mein Tourguide meinte so schön, dass ich in ganz Rio nirgendwo so sicher sein würde wie hier. Zumindest wenn ich mit ihm unterwegs sei. Aber Spaß beiseite: In den belebten Straßen der Favelas haben die Menschen ihre Handys zum Beispiel in der hinteren Hosentasche getragen. Das wäre in jeder lateinamerikanischen Metropole und vor allem in Stadtteilen wie Copacabana oder Ipanema undenkbar. Natürlich gibt es aber auch Kontraste. Nur einen kurzen Augenblick, nachdem mein Guide zu mir meinte, dass das hier die gefährlichste Straße der Favela sei, sehe ich einen ganz normal gekleideten jüngeren Mann mit einem riesigen Gewehr am Straßenrand sitzen. Ich hatte keine Angst, aber es war definitiv ein spezieller Moment. Die Favela an sich weist sehr große Unterschiede auf: Der Teil, der mit Motorrädern zu erreichen ist, ist deutlich reicher als der Teil, in den man nur zu Fuß hineingelangt. In dem ärmeren Teil durfte ich zum Beispiel auch keine Fotos machen. Hinten auf dem Motorrad die enge und kurvige Straße den Berg hoch durch die Favela zu düsen, war definitiv eines meiner Brasilien-Highlights.
Es war zweifellos besonders, in eine Favela hineinzuschauen. Teilweise ist es unglaublich dreckig, der Gestank steht in den Gassen, alles ist unglaublich eng aneinandergebaut, die Schulen bieten keine gute Bildung und eine Gang kontrolliert die gesamte Favela. Doch dann kennt sich jeder und grüßt sich auf der Straße, Kinder spielen Fußball auf Fußballplätzen, man findet Graffitikunst an den Häuserwänden und sieht Geschäfte, die unter anderem auch Laptops verkaufen. Was viele nicht erwarten würden: Die Einwohner von Rocinha müssen keinen Strom und kein Wasser zahlen, da diese von der Regierung kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Ich würde sagen, es gibt immer zwei Seiten. Nur weil eine Gang die Favela kontrolliert, heißt das nicht, dass ständig Gewalt auf den Straßen herrscht. Mein Guide meinte zu mir: „Die Regierung und die Gang kooperieren – manche nennen das Korruption, doch wir nennen das Frieden.“ Das lasse ich einfach mal so stehen. Dass es sehr harte Lebensrealitäten in den Favelas gibt, muss ich glaube ich nicht groß ausführen. Aber mir ist es wichtig zu zeigen, dass das Leben in einer Favela eben nicht nur mit Negativem verbunden ist und dass ein etwas differenzierterer Umgang mit Favelas sicherlich nicht schaden würde.
Einen Besuch des Maracanã-Stadions, wo Mario Götze Deutschland 2014 in der 113. Minute zum Weltmeister schoss, ließ ich mir natürlich auch nicht entgehen. Nach fünf Nächten in Rio fuhren wir nach Ilha Grande, einer Insel mit Traumstränden. Ich bin mir sicher, dass die Strände so traumhaft schön wie auf den Bildern aussehen, wenn die Sonne scheint. Doch leider hatten wir Pech mit dem Wetter und auch, wenn es bis auf ein paar Ausnahmen zumindest trocken blieb, klebte meist eine hartnäckige Wolkendecke über der Insel, wodurch die Wasserfarbe dann doch nur durchschnittlich aussah. Schön war es aber trotzdem. Besonders die Wanderung zum bekannten Lopes Mendez Strand ist mir in Erinnerung geblieben. Dieser endlos lange Strand zieht zwar viele Besucher auch durch Boote an, doch aufgrund seiner Länge findet man schnell ein Plätzchen allein, wenn man einfach ein paar Minuten weiterläuft. Auf Ilha Grande trennten sich die Wege von Emma und mir, denn ich machte mich weiter Richtung Süden nach Ubatuba auf, während sie sich ihrer Bachelorarbeit widmen musste. Nachdem ich zunächst nur zwei Nächte gebucht hatte, verlängerte ich schließlich auf vier Nächte. Ich ging endlich mal wieder surfen und besuchte jeden Tag einen anderen Strand. Ich beschloss, als nächstes nach Ilhabela zu fahren – die Fahrt dorthin war eine der schlimmsten Busfahrten, die ich je erlebt habe. Vier Stunden in einem normalen Linienbus bei knappen 40 Grad ohne Klimaanlage und vielen Menschen war alles andere als angenehm. Der Reisetag dauerte schließlich statt der von mir angedachten fünf Stunden mehr als acht.
Ilhabela ist sehr touristisch, allerdings habe ich so gut wie keine internationalen Touristen getroffen, sondern fast ausschließlich Brasilianer. Ilhabela war sehr schön, aber auch wahnsinnig heiß. So heiß, dass ich an einem Tag drei Mal duschte und das Hostel nur zum Einkaufen verließ. Die Wanderung zum Bonete Beach war mein Highlight. Trotz der Hitze machte ich mich mit einer anderen Reisenden aus dem Hostel auf, um die 14 km durch den atlantischen Regenwald, vorbei an einigen Wasserfällen, zu wandern. Von Ilhabela ging es mit fünf verschiedenen Bussen bis nach Florianópolis, was meine letzte Station in Brasilien war. Denn schon wenige Tage später hieß es: ¡Hola, Uruguay!
Viel hatte ich im Vorfeld nicht über Uruguay gehört – oft wird das kleine Land zwischen den Riesen Argentinien und Brasilien ausgelassen. Und das würde ich fast als Schande bezeichnen, denn ich bin absolut schockverliebt in Uruguay. Der einzige Nachteil: Uruguay ist verdammt teuer. Nach einer etwas abenteuerlichen Anreise nach Cabo Polonio, denn ich hatte kein Bargeld und war schon darauf eingestellt, früher oder später zu stranden und keinen Bus mehr nehmen zu können, realisierte ich, dass dieser Ort mal so ganz anders war als alles, was ich bisher gesehen hatte. Cabo Polonio liegt sehr abgelegen und kann nur durch riesige Jeeps über Sandpisten erreicht werden. Der Strom wird nur durch Solarpanels auf den Häusern erzeugt, es gibt so gut wie kein Netz und alles ist sehr einfach gehalten. Einfach, aber wunderschön. Das WLAN im Hostel wurde nur eingeschaltet, wenn man danach fragte, und deckte sowieso nur maximal drei Quadratmeter ab. Ich war so wenig am Handy wie schon lange nicht mehr. Und das tat gut, sehr gut. Trotzdem habe ich zum Glück ab und zu meine Mails gecheckt, denn sonst wäre mir eine sehr wichtige Nachricht womöglich durchgerutscht. Ich verrate an dieser Stelle nicht zu viel und sage nur: Ich werde schon viel eher zurück in Lateinamerika sein, als ich es mir hätte erträumen können.
Meine Tage in Cabo Polonio waren geprägt von langen Strandspaziergängen, viel Sonne tanken, Abkühlungen im Meer, Seelöwen und Wale beobachten und dem ein oder anderen Gläschen Wein. Schweren Herzens nahm ich Abschied von diesem besonderen Ort und fuhr nach La Pedrera weiter, wo ich nun die letzten wirklichen Strandtage genieße.












In wenigen Tagen geht mein Rückflug nach Lima, der das Ende meiner Reise von Rio de Janeiro bis nach Montevideo markiert. Und einen Tag später werde ich schon im Flieger Richtung Europa sitzen, was dann das tatsächliche Ende meines Auslandssemesters bedeutet.
Ich bin unglaublich dankbar dafür, dass ich in den letzten sechs Monaten so viele verschiedene Ecken von Südamerika entdecken konnte. Neben beeindruckender Natur bleiben mir vor allem all die verschiedenen Menschen in Erinnerung. Südamerika ist riesig und auch deshalb so unglaublich divers und heterogen. Kein Land ist wie ein anderes. Keine Stadt wie eine andere. Und das macht das Reisen in Lateinamerika neben so vielen anderen Dingen so besonders. Eigentlich wollte ich zu jeder Reise nur ein paar Zeilen schreiben – wow, das hat ja gut geklappt. Ich könnte zu jedem Trip unglaublich viele Anekdoten auflisten, von besonderen Momenten berichten und mich in unzähligen Einzelheiten verlieren. Das lässt mich mal wieder realisieren, wie viel ich die letzten sechs Monate erleben durfte. ¡Gracias Latinoamérica!
Pfälzer Mädel Annerschtwo
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